FTD&Capital
Beiträge aus FTD und Capital (2011 – 2013)
Wenn der Geldfluss stockt
(Financial Times Deutschland)
Auf die Finanzmärkte rollte Mitte der Zehnerjahre eine gewaltige Refinanzierungswelle zu. Die Verbindlichkeiten des Kreditbooms aus der Zeit vor der Finanzkrise müssen abgelöst oder refinanziert werden. Auf Banken und Unternehmens kommen riesige Beträge zu, aber auch bei den Staaten sieht es nicht besser. Mit meinem FTD-Kollegen André Kühnlenz habe ich den Refinanzierungsbedarf berechnet. Unser Cheflayouter Carsten Lüdemann hat das legendäre Röhren-Layout entwickelt.
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Wenn der Zinsschock droht – Eine Vorwegnahme der Tapering-Debatte
(Capital.de, April 2013)
Privatanleger können sich dem Zinsschock kaum durch Umschichtungen im Depot entziehen. Hierfür sind komplexe Finanzinstrumente und perfektes Timing nötig. Ein Ausweg sind Mischfonds oder Absolute-Return-Konzepte, die in jeder Marktphase etwa durch den Einsatz von Derivaten Gewinne erzielen. Nachteil: Aktives Vermögensmanagement durch Profis kostet die Anleger Geld.
Spanische Bankanleihen: Eine heiße Wette
Spanische Bankanleihen werfen derzeit hohe Rendite ab. Ganz risikofrei ist die Sache für Anleger allerdings nicht: Die Gefahr lauert in einer Gesetzeslücke.
Cédulas sind die spanische Version der gedeckten Bankanleihe (Covered Bond). Diese Bankschuldverschreibungen, zu denen auch der deutsche Pfandbrief gehört, sind mit Hypothekendarlehen oder Forderungen gegen den Staat besichert – der Deckungsmasse. Kann die emittierende Bank die Anleihe nicht mehr bedienen, werden die Forderungen der Gläubiger aus dieser Deckungsmasse bedient.
Im Fall der Cédulas war im Frühsommer das Vertrauen in die Rückzahlungsfähigkeit der Banken deutlich gesunken. Der Index iBoxx Spain Covered des Datenanbieters Markit stürzte von 111 Zählern Anfang Mai auf 101,8 Punkte am 1. August ab und folgte damit Spaniens Staatsanleihen.
Doch dann kam es zur Trendwende, als die EZB glaubhaft versichern konnte, den Euro unter allen Umständen zu verteidigen. Viele als riskant geltende Anlageklassen haben seither deutlich Kursgewinne verbucht, ihre Rendite ist spiegelbildlich gesunken. Der Cedulas-iBoxx-Index weist aktuell eine Rendite von 7,4 Prozent aus Kursgewinnen und Zinszahlungen aus. Analysten wie Leef Dierks von Morgan Stanley hatten ihren Kunden bereits im Spätsommer im Hinblick auf zu erwartende Kursgewinne zum Kauf von Cédulas geraten.
Die im Index enthaltenen Bonds haben einen Durchschnittskupon von 4,07 Prozent – viel angesichts der Magerrenditen von weniger als zwei Prozent, die etwa deutsche Pfandbriefe und Staatsanleihen abwerfen. Dennoch kommen Spaniens Großbanken wieder deutlich günstiger an Geld. „Der Markt steht zumindest für die Papiere der ,National Champions‘ der Peripheriestaaten wieder offen“, sagt Dierks. So verkaufte die Bank BBVA dieser Tage eine gedeckte Anleihe über 2 Mrd. Euro und zahlt für fünf Jahre Laufzeit einen Kupon von 3,5 Prozent, das sind rund 0,9 Basispunkte weniger als für spanische Staatsanleihen gleicher Laufzeit. Ein Grund: Cédulas gelten wegen der Absicherung durch Hypothekenkredite als weniger ausfallgefährdet als spanische Staatsanleihen.
Allerdings liegt in der Absicherung mit Immobilien auch der Haken, sind doch die Preise für Häuser in Spanien seit Ausbruch der Krise vor rund viereinhalb Jahren um gut ein Viertel gefallen. Damit verringert sich auch der Wert des Deckungsstocks. Eigentlich kein Problem, verlangt der spanische Gesetzgeber doch eine Überdeckung von mindestens 125 Prozent. Das bedeutet, dass eine Anleihe über 1 Mrd. Euro mit Vermögenswerten von mindestens 1,25 Mrd. Euro besichert sein muss. Meist liegt die offizielle Überdeckung sogar weit darüber. Das Problem sind jedoch die Werte für den Beleihungsauslauf. Das ist bei Immobilienkäufen der Wert, der das Verhältnis der Finanzierungssumme zum Wert der Sicherheit abbildet. „Dass die von spanischen Cédulas-Emittenten berichteten Beleihungswertausläufe nicht die aktuelle Marktpreisentwicklung der Immobilien in Spanien widerspiegeln und die tatsächliche Absicherung durch die Deckungsstöcke daher schwer abschätzbar ist, ist seit Langem ein Problem“, heißt es in einer Studie der BayernLB.
Das spanische Gesetz verpflichtet Cédulas-Emittenten nicht, die Beleihungsausläufe an die Marktentwicklung anzupassen. Die Folge: Die Deckungsstöcke werden möglicherweise viel höher ausgewiesen als tatsächlich an verwertbarer Masse im Fall des Falles zur Verfügung steht. Folglich könnten die spanischen Banken auch mehr Cédulas zur Refinanzierung emittieren. Einer Studie der Ratingagentur Moody’s zufolge weisen zehn Prozent der zur Absicherung von Cédulas dienenden Hypotheken Beleihungsausläufe von mehr als 100 Prozent aus – mehr als doppelt so viel wie von den Banken berichtet. Übersteigt der Beleihungsauslauf die 100-Prozent-Marke, so bedeutet dies, dass die ausstehende Finanzierung den Wert der Immobilie übersteigt.
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Notenbanken ziehen die Notbremse
Verbilligung der Dollar-Liquidität soll ein Austrocknen des Geldmarkts wie nach der Lehman-Pleite verhindern
(FTD, 1. Dezember 2011)
Mit einer koordinierten Aktion beugen sechs große Notenbanken einem Engpass bei der Versorgung des weltweiten Bankensystems mit Liquidität vor. Sie reagierten damit auf Stresssignale am Dollar-Geldmarkt, wo insbesondere
europäischen Banken zuletzt wachsendes Misstrauen entgegengeschlagen war. „Diese konzertierte Maßnahme wird das Vertrauen
in die Bankenmärkte verbessern“, erklärte Hans Reckers, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Öffentlicher
Banken Deutschlands. „Zudem ist der breite internationale Konsens auch geeignet, Ruhe in die internationalen
Finanzmärkte zu bringen.“
Die Verknappung des Dollar-Angebots auf dem europäischen Markt hatte sich zuletzt am Anstieg des Zinssatzes
für dreimonatige Interbankenkredite in der US-Währung am Finanzplatz London gezeigt. Der Libor genannte Referenzzins notierte gestern bei 0,53 Prozent und damit so hoch wie im Frühsommer 2010. Anfang Juli dieses Jahres und damit vor
der Zuspitzung der Euro-Krise hatte er noch bei 0,25 Prozent gelegen. Der Zugang zu Dollar-Liquidität ist für international agierende europäische Banken sehr wichtig. Sie benötigen Dollar zur Refinanzierung ihrer Geschäfte. Hat beispielsweise eine
niederländische Bank an ein Unternehmen in den USA einen auf Dollar lautenden Kredit vergeben, so muss sie das ausgereichte Geld anderswo refinanzieren, etwa über Anleihen.
Häufig decken sich aber Refinanzierung und Kreditlaufzeit nicht, sodass die Bank schon vor der Rückzahlung
des Kredits eine Anleihe zurückzahlen und sich dafür Dollar besorgen muss. Ein beliebtes Refinanzierungsinstrument
der Banken sind kurzlaufende, auf Dollar lautende Schuldscheine, sogenannte Commercial Papers. Schon
seit dem Sommer sinkt die Bereitschaft von US-Geldmarktfonds, diese Papiere von europäischen Banken zu
kaufen. „Ohne Zugang zum Dollar-Geldmarkt könnten einzelne Teilnehmer in Liquiditätsschwierigkeiten
kommen und wären im Extremfall nicht mehr solvent“, warnt Volkswirt Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus.
Deshalb zielt das Programm der Notenbanken vor allem auf die europäischen Institute, auch wenn es theoretisch
auch die Yen-Versorgung einer kanadischen Bank mitabdeckt. Wollen sich Banken aus der Euro-Zone
Dollar bei der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen, wird dies nun wohl deutlich billiger. Der Zinssatz, den die
EZB bei der Fed zahlt, sei auf 50 Basispunkte über dem Overnight-Index-Swap-Satz (OIS-Satz) für den Dollar
reduziert worden, während er bisher bei 100 Basispunkten über dem OISSatz gelegen habe, teilte die Fed mit.
Zudem verlängerte die US-Notenbank das Swap-Programm bis zum 1. Februar 2013. Die Overnight-Index-
Swaps sind die künftig erwarteten Leitzinsraten, also die Höhe der Zinsen, zu denen sich Banken über Nacht
bei den Notenbanken Geld leihen können. Die neuen Sätze gelten ab kommendem Montag.
Mit der Verbilligung der Dollar- Versorgung verbindet sich auch die Hoffnung, dass Kredite an Unternehmen
billiger werden. Dies würde einen Beitrag im Kampf gegen eine drohende Rezession leisten. Allerdings
seien die Probleme am Markt für europäische Staatsanleihen mit der Aktionnicht gelöst, warnten Analysten.
Neu ist die Liquiditätsversorgung mit Dollar allerdings nicht. Schon mit dem Beginn der Finanzkrise in den
USA und damit noch vor dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 begannen
die Notenbanken, Liquidität in den Markt zu pumpen. Nach der spektakulären Pleite verstärkten sie
diese Anstrengungen noch. Ende September 2008 kündigten die EZB, die Fed und acht weitere Notenbanken
an, 620 Mrd. Dollar in den Geldkreislauf zu pumpen. Auch als Anfang Mai 2010 Griechenland vor der Pleite
stand, griffen die Währungshüter mit Liquiditätsspritzen ein.
Im Frühjahr des vergangenen Jahres machten die Banken der Euro-Zone von den Angeboten der Dollar-
Tender bei der EZB reichlich Gebrauch. Nach Berechnungen der Landesbank Baden-Württemberg
(LBBW) tätigten Geldinstitute im Mai 2010 bei der EZB Refinanzierungsgeschäfte
mit der US-Währung im Volumen von rund 5 Mrd. Dollar. Von diesem Niveau ist der Markt zurzeit weit
entfernt. Den LBBW-Berechnungenm zufolge wurde lange kaum oder keine Dollar-Liquidität bei der Notenbank
abgerufen. Erst im Sommer dieses Jahres zog die Nachfrage wieder an. Allerdings liegt das Niveau mit aktuell
rund 500 Mio. Dollar nur bei einem Zehntel des Werts vom Mai 2010. Die beiden LBBW-Experten Oliver
Niklasch und Dirk Chlench werten die gemeinsame Aktion der Notenbanken daher auch als vorbeugenden
Schritt. „Mit der Aktion gehen die Notenbanken wieder in die Offensive und signalisieren, notfalls dem Bankensystem
genügend Liquidität in jeder gewünschten Form bereitzustellen.“ Der Grund dafür sei das Misstrauen am Interbankenmarkt infolge der Schuldenkrise in der Europäischen Währungsunion. Dies habe bei Banken und Investoren zu der Befürchtung
geführt, „es bahne sich einEinfrieren der Interbankenmärkte und ein ähnlicher Kollaps wie mit der
Insolvenz der Lehman-Bank an“.