Nicht genug von allem – Warum die EZB ihre Kaufregeln wird ändern müssen
Will die EZB ihr Anleihekaufprogramm verlängern oder gar ausweiten, so wird sie um eine Änderung der Regeln nicht umhin kommen. Zwar gibt es genügend Euro-Anleihen zum Kauf, aber eben nicht genug von allen.
Für 80 Mrd Euro kauft die Europäische Zentralbank (EZB) jeden Monat Anleihen am Markt auf und drückt damit die Realzinsen. Es soll hier nicht um die Sinnhaftigkeit der Käufe gehen, es gibt Gründe dafür und Gründe dagegen. Klar ist allerdings, egal ob die Notenbank das Programm verlängert, ausweitet, beides tut oder im Zuge eines Tapering in geringerem Umfang auslaufen lässt, sie wird über eine andere Zusammensetzung der Käufe und eine Änderung der Regeln nicht umhinkommen.
Dabei ist grundsätzlich genügend Material für weiterhin umfangreiche Käufe dar. Das zeigen Daten aus einer Präsentation von J.P. Morgan Asset Management.
Demnach kann die Notenbank aus einem Pool von 7700 Mrd. Euro an Bonds auswählen. Die Summe ergibt sich aus verfügbaren Corporates und Euro-Staatsanleihen, also der rechten Säule der linken Grafik und der linken Säule der rechten Grafik. Bei monatlichen Käufen von 80 Mrd. Euro ist demnach theoretisch Material für gut 96 Monate vorhanden. Die Marktliquidität und der Anlagenotstand vieler Investoren wird allerdings dafür sorgen, dass nicht alles kaufbar ist.
Die größte Hürde liegt aber im Länderschlüssel. Bislang kauft die EZB nach dem Kapitalschlüssel ihrer Mitglieder nationale Bonds. Gut ein Viertel der Käufe entfällt somit auf Deutschland. Und hier liegt der Engpass, denn die zur Verfügung stehende Menge an Bundesanleihen schrumpft kräftig. Wegen der Operation „schwarze Null“ baut der deutsche Staat derzeit netto Schulden ab, womit auch das Volumen ausstehender Bundesanleihen schrumpft. Medienberichten zufolge stoßen inzwischen auch die Käufe von Covered Bonds ebenfalls an ihre Grenzen.
Will die EZB ihr Programm also in irgendeiner Form über das bislang beschlossene hinaus ausweiten, und sei es nur im Zuge eines Tapering langsam über März 2017 hinaus abschmelzen, so wird sie ihre Regeln ändern müssen. Es gibt zwar genug Masse, aber eben nicht genug von allem.
Man darf gespannt sein, welche Fantasie die EZB entwickeln wird um die Regeln mandatsgerecht zu flexibilisieren.
Stefan Schaaf, November 2016