Ist die UBS falsch positioniert? – Warum ihre Argumente für eine Euro-Zinswende nicht stichhaltig sind
Ob man bei der UBS keine Nachrichten liest. Oder einfach falsch am Markt für Euro-Staatsanleihen positioniert ist? Oder warum sollte man bei der Schweizer Großbank ein Research-Paper schreiben mit dem Titel „The case for higher bond yields in Europe“? Sicher, in den USA wird es langsam zu einer Zinswende kommen, auch wenn dafür Geduld nötig ist (warum, schrieb ich dieser Tage in der Kolumne „Marktplatz“ für die Börsen-Zeitung: Geduld bei Zinsfantasien). Aber in Europa?
Die europäischen Bondmärkte stehen, so das neunköpfige Zinsresearch-Team „Europe inculding UK“, am Beginn eines „bedeutenden, wenngleich langsamen Bären-Trends – in den Kern-, wie in den Peripherieländern. Dafür nennen die Analysten fünf Gründe – und ein Gegenargument, das m. E. allerdings genau ein Argument für steigende Renditen sein könnte. (Hier geht zur Bloomberg-Zinsseite)
Aber zu den Argumenten der UBS-Zinsstrategen:
1. Die EZB werde mit ihren Anleihekäufen keine Knappheit erzeugen, so dass die Kurse auch nicht durch die Decke gehen werden, so die UBS. Nun, das wird sich zeigen, aber gerade bei Core-Bonds kann es eng werden, weil diese von vielen Investoren als Cash-Ersatz gehalten werden. Für Peripherie-Bonds mag das Argument zu treffen, das sie wegen der Spekulation auf EuroQE gekauft wurden und nun Gewinne mitgenommen werden könnten.
2. Das ist das „Sell the fact“-Argument. Investoren hätten sich bereits auf die Anleihekäufe der EZB eingestellt, schreibt die UBS. Nun werde es zu Umschichtungen in Aktien kommen. Darauf deuten die steigenden Aktienkurse hin.
3. Das Wachstum in Europa zieht an, die UBS rechnet mit 2%. Das ist eine Menge, und es ist zu hoffen, dass es dazu kommt – auch wegen der Demokratie in Europa (Le Pen als Präsidentin in Frankreich wäre das Ende von Europa as we know it). Aber der UBS-Vergleich hinkt, dass die zehnjährige Bundrendite zuletzt 1,8% betrug, als die Wirtschaft in Europa mit 2% wuchs. Die Dinge haben sich in einer Welt der „Savings Glut“ und der quantitativen Lockerung halt verändert.
4. Europäische Renditen seien nicht wettbewerbsfähig, schreibt die UBS. Bisher scheint das Investoren nicht zu kümmern. Es gibt viele Portfolien, in denen sich Bunds nicht einfach durch Schwellenländer-Bonds ersetzen lassen.
5. Eine Angebots-/Nachfrage-Anlayse sei historisch betrachtet zu statisch, schreibt die UBS. Nun, warten wird es ab.
Damit zum Gegenargument der UBS-ZInsstrategen: Grexit. Dies könnte auch zum Ausverkauf der Peripherie-Bonds führen, heißt es. Dem Gegenargument ist m.E. aus zwei Gründen zu widersprechen. Ein Grexit wäre für die Menschen in Griechenland in Desaster, das ich mir gar nicht ausmalen möchte. Aber damit wäre für den Bestand der Eurone als Ganzes der größte Risikofaktor verschwunden, man könnte sich nach kurzem Rumpeln eine Erleichterungsrally vorstellen. Außerdem hält die EZB ihre Hand schützend über alle anderen Peripherie-Bonds, wie ich im Beitrag What ever it takes – Es geht nicht nur um Deflation schrieb.
Fazit: Das Konjunkturargument ist stichhaltig, und spricht zumindest gegen einen weiteren drastischen Fall der Euro-Renditen. Angesichts der andauernden Lowflation und der massiven Anleihekäufe der EZB scheint mir es allerdings zu früh zu sein, schon jetzt die Zinswende in Europa auszurufen.
(Stefan Schaaf, März 2015)
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