Niedrigzins (1) – 67 Euro oder die Krise zum Schnäppchenpreis
Die Welt, jedenfalls die finanzielle, ist in den vergangenen sechs Jahren fast zweimal untergegangen. Erst ging Lehman pleite, dann wäre fast die Eurozone kollabiert. Und die Deutschen? Jammern – und nehmen die Krise zum Schnäppchenpreis mit. 67 Euro kostet jeden deutschen Sparer im Jahr die Krise, und da sind die indirekten Vorteile aus Niedrigzinsen auf Staatsschulden oder Hypotheken noch nicht gegengerechnet. Auf die Summe von 67 Euro kommt die Allianz, wie diese Woche zu lesen war. 67 Euro kosten jeden deutschen Sparer die Niedrigzinsen, hat der Versicherer ausgerechnet – und damit die Schlagzeilen auf seiner Seite gehabt. Der Aufschrei war groß, die Enteignung des Sparers wurde beklagt.
Leute, mag man rufen, lasst mal die Kirche im Dorf. Billiger war die Krise nicht zu haben als für rund 5,60 Euro oder zwei kleine Bier im Monat. Es hätte schlimmer kommen können, wenn Banken oder der Euro zusammen gebrochen wären. Dann wäre das schöne Sparguthaben und die Lebensversicherung möglicherweise futsch gewesen. Keine Einlagensicherung und keine Bundesregierung hätte die Sparguthaben beim Zusammenbruch des Bankensektors retten können. Eine neue Weltwirtschaftskrise mit Massenarbeitslosigkeit hätte folgen können. So fehlen halt die Zinsen auf Sparbuch, insbesondere wenn man Dividendenaktion oder Investmentfonds scheut wie der Teufel das Weihwasser.
Warum kam es nicht zum Mega-Crash? Weil die Notenbanken eingeschritten und die Zinsen gesenkt haben. Das hat eine ganze Menge negativer Effekte bis hin zur deutschen Immobilienblase. Aber es hat uns auch vor dem finanziellen Weltuntergang gerettet. Das sind 67 Euro im Jahr wert. Wobei ich einräume: Wer Zertifikate von Lehman oder Staatsanleihen aus Griechenland sein eigen nannte, der war gekniffen, aber nicht wegen der Niedrigzinsen.
(Stefan Schaaf, Juli 2014)